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Der Ellenbogen – unser höchstempfindlicher Dreh- und Angelpunkt

13. März 2024

Schmerzende Ellenbogen treten bei Sportlerinnen und Sportlern besonders häufig auf – die richtige Therapie bringt langfristig Besserung.

  • Lesedauer ca. 4 Minuten
  • Themen Ratgeber
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Der Ellenbogen ist von integraler Wichtigkeit, um die Hand im Raum zu positionieren. Durch die gelenkige Verbindung des Unterarmes mit der Schulter über den Ellenbogen wird ein nahezu 360-Grad-Aktionsradius der Hand möglich. Der Ellenbogen besteht aus drei Gelenken:

• Humeroulnargelenk: Scharniergelenk zwischen Oberarmknochen (Humerus) und Elle (Ulna)

• Humeroradialgelenk: Kugelgelenk zwischen Oberarmknochen (Humerus) und Speiche (Radius)

• Proximales Radioulnargelenk: oberes Gelenk zwischen Speiche (Radius) und Elle (Ulna)

Diese hohe Funktionalität beruht auf der komplexen Anatomie des Ellenbogens und wird durch ein Zusammenspiel von knöchernen, muskulären sowie ligamentären (Bandverbindungen) Strukturen erreicht. Beeinträchtigungen können durch akute Verletzungen sowie erworbene Veränderungen bedingt sein. Das exakte Erkennen und Behandeln von Ellenbogenproblemen setzt eine genaue Kenntnis der Anatomie und Biomechanik voraus. Krankheiten können die knöchernen und/oder Bandstrukturen sowie die Muskulatur als auch den Gelenkknorpel oder den Ellennerv (Nervus ulnaris) betreffen.

Wenn es wehtut: Tennis-und Golfer-Ellenbogen

Die häufigsten erworbenen Beschwerden stellen die Epicondylopathien – besser bekannt als Tennis- und Golfer-Ellenbogen – und die Ellenbogenarthrose dar. Epicondylopathien beschreiben eine Reizung der Sehnenursprünge der Unterarmmuskulatur am Oberarmknochen. In 90 Prozent der Fälle ist die Aussenseite (radiale Epicondylopathie) betroffen. Meist bestehen die Beschwerden zunächst vorwiegend bei Belastung. Ohne gezielte Therapie nehmen die Beschwerden über die Zeit häufig zu, bis ein Dauerschmerz besteht. Schmerzmittel helfen nicht oder häufig lediglich kurzzeitig.

Die Epicondylopathie ist in den meisten Fällen eine Erkrankung, die unter einer zielgerichteten Therapie ohne Operation ausheilt. Sollte eine konservative Therapie nicht erfolgreich sein, bestehen verschiedene Operationsmethoden zur Therapie. Eine arthroskopische Behandlung des Tennisellenbogens hat sich in den letzten Jahren aufgrund der geringeren Invasivität und der schnelleren Nachbehandlungsmöglichkeiten etabliert. Beim Golfer-Ellenbogen besteht weiterhin die Indikation zur offenen Operation wegen der Nähe zum Ellennerv. Bei der Ellenbogenarthrose kommt es in der Regel zu einer über längere Zeit zunehmenden Bewegungseinschränkung und im Verlauf zu vermehrter Schmerzsymptomatik. Auch hier hat sich die operative Therapie mittels Ellenbogenarthroskopie durchgesetzt. Im Rahmen der Operation wird eine sogenannte Arthrolyse durchgeführt, bei der störende Verknöcherungen sowie die verdickte Gelenkkapsel entfernt werden und somit eine Verbesserung der Beweglichkeit und eine Linderung der Schmerzproblematik mit sehr guten Ergebnissen erreicht wird.

Im Sport schmerzt der Ellbogen besonders häufig

Auch im Rahmen sportlicher Belastung treten gehäuft Ellenbogenbeschwerden auf. Vor allem bei Wurfsportarten, beim Turnen, bei Kampf- und Kraftsportarten, im Volleyball sowie beim Tennis und Golf kommt es zu Überlastungsschäden am Ellenbogen. Hierbei kommt es durch wiederholte Überlastungen zu knöchernen oder ligamentären Veränderungen mit typischen Beschwerden. Bei ambitionierten Sportlerinnen und Sportlern ist meist unter einer konservativen Therapie kein zufriedenstellendes Ergebnis zu erzielen und zur Wiedererlangung der sportlichen Ziele eine Operation notwendig.

Knorpelschäden am Ellenbogen treten gehäuft bei jugendlichen Sportlerinnen und Sportlern auf, die Überkopf- oder kraftintensive Sportarten wie Turnen, Gewichtheben oder Wurfsportarten ausüben. Diese werden als Osteochondrosis dissecans bezeichnet. Die typische Lokalisation ist der aussenseitige Gelenkanteil des Oberarmes (Capitulum). Sie kann jedoch in allen Gelenkteilen vorkommen. Die genaue Ursache ist bisher ungeklärt. Der vermutete Auslöser besteht aus vielen Bagatellverletzungen, ausgelöst durch Scherkräfte und Kompression, zusammen mit einer Einschränkung der Durchblutung des betroffenen Gelenkbereichs. Bei stabilen Knorpeldefekten ist häufig eine Ausheilung durch Anpassung der Belastung möglich. Ist die konservative Therapie nicht erfolgreich oder der Knorpel instabil, wird eine operative Therapie notwendig. Hier stehen arthroskopische und offene Verfahren zur Verfügung.

Neben den erworbenen Krankheiten stellen die unfallbedingten Verletzungen des Ellenbogens häufig eine Herausforderung in der Behandlung dar. Aufgrund der eingangs erwähnten, komplexen Anatomie ist eine Balance der knöchernen und ligamentären Stabilisierung des Ellenbogens essenziell für eine erfolgreiche Behandlung. Brüche am Ellenbogengelenk sind häufig durch ein Ausrenken (Luxation) bedingt. Die Ellenbogenluxation ist die zweithäufigste Gelenkluxation des menschlichen Körpers. In den meisten Fällen renkt sich das Gelenk selbständig ein und die knöchernen Verletzungen sind die sichtbare Spitze des Eisberges.

Eine Behandlung ohne die genaue Untersuchung der Band- und Muskelstrukturen birgt ein erhöhtes Risiko von bleibenden Beschwerden. Daher sind eine engmaschige fachärztliche Kontrolle und Anpassungen des Therapiekonzeptes an die jeweiligen Beschwerden sinnvoll. Bei einem häufig «einfach» erscheinenden Bruch des Speichenkopfes (Radiuskopf) liegt regelhaft eine signifikante Verletzung des aussenseitigen (lateralen) Bandkomplexes sowie des Ansatzes der streckseitigen Muskulatur (Extensoren) vor, die unbehandelt zu einer chronischen Instabilität führen können. Diese äussert sich meist durch Schmerzen und/oder einer Steife des Ellenbogengelenkes. Eine Naht (Rekonstruktion) der Sehnen- und Muskelverletzung ist innerhalb der ersten zwei Wochen nach dem Unfall möglich. Anschliessend ist ein Bandersatz mit einer körpereigenen Spendersehne notwendig.

Wenn es zu Brüchen am Ellenbogen kommt

Bei komplexen Brüchen am Ellenbogen sind die exakte anatomische Rekonstruktion der knöchernen sowie Band- und muskulären Strukturen zwingend notwendig, um das Bewegungsausmass von Streckung/Beugung sowie der Umwendbewegung (Pro-/Supination) bestmöglich wieder zu erlangen. Soweit möglich wird ein Wiederherstellen der knöchernen Strukturen mittels Platten und/oder Schrauben angestrebt. Bei sehr komplexen Brüchen des Speichenkopfes ist ein Erhalt des ursprünglichen Gelenksanteils des Knochens nicht möglich. In diesen Fällen sollte ein Ersatz des Speichenkopfes mit einer Prothese erfolgen, da eine reine Entfernung langfristig nicht mit guten Ergebnissen verbunden ist.

Hierbei ist die exakte Platzierung der Prothese von entscheidender Bedeutung, um eine Schädigung des Gelenkes durch das Implantat zu vermeiden. Es treten bereits durch ein minimal zu hoch eingebrachtes Implantat von ein bis zwei Millimeter signifikante Druckerhöhungen auf den Gelenkanteil des Oberarmes auf. Die perfekte Platzierung ist abhängig vom verwendeten Implantat sowie der patientenspezifischen Anatomie. Eine Überprüfung mittels Röntgen ist kaum möglich, da keine verlässlichen Daten zur Referenzierung der notwendigen Implantationshöhe für die verfügbaren Prothesenmodelle vorliegen.

Technik in Zofingen mitentwickelt

Dr. med. Jules-Nikolaus Rippke, Oberarzt mbF in der orthopädischen Klinik am KSA Spital Zofingen, hat sich auf die Behandlung von Ellenbogen und Schulterbeschwerden spezialisiert. Zusammen mit einem Team aus Deutschland hat er eine Technik entwickelt und publiziert, die eine sichere Kontrolle der korrekten Implantationshöhe der Radiuskopfprothese im Rahmen der operativen Versorgung ermöglicht. Zudem ist er Autor mehrerer Übersichtsartikel bezüglich der Versorgung von erworbenen und unfallbedingten Ellenbogenverletzungen.

«In der Orthopädie im KSA Spital Zofingen wird das gesamte Spektrum der erworbenen und unfallbedingten Ellenbogen- und Schulterchirurgie vom Gelenkerhalt bis zum kompletten Gelenkersatz angeboten», sagt er. Die notwendige radiologische Diagnostik steht, falls nicht bereits vorhanden, kurzfristig im Spital zur Verfügung.