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«Svizzera, arrivo!» – Gianfabio's Erfolgsstory in der Pflege

31. März 2023

Gianfabio Limodio aus Italien kam vor 3.5 Jahren als dipl. Pflegefachmann in die Schweiz. Heute ist er Stv. Stationsleiter der medizinischen IMC. Im Interview erzählt er seine Geschichte.

  • Autor / Autorin KSA
  • Lesedauer ca. 6 Minuten
  • Themen Pflege
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Traduzione in italiano

Als erster des Projekts «Svizzera, arrivo!», einem internationalen Schulungsprogramm für qualifizierte europäische Pflegefachkräfte, wurde Gianfabio Limodio von der Eumedica Recruitment Group ans KSA vermittelt. Innert kurzer Zeit hat er Deutsch gelernt. Heute hat er als Stv. Stationsleiter der medizinischen IMC (Intermediate Care) eine Schlüsselfunktion inne. Im Interview spricht er über seine Erfahrungen, Ziele und darüber, was die Herausforderungen waren.

 

Gianfabio, woher kommst Du ursprünglich, was hast Du für eine Ausbildung gemacht und wo hast Du in Italien gearbeitet?
Ich komme aus Pompei, in der Nähe von Neapel. Ich habe das Gymnasium besucht und anschliessend einen Bachelor als Pflegefachperson an der Universität Federico II in Neapel absolviert. Später habe ich noch einen zweiten Bachelor im Bereich Gesundheitsmanagement gemacht.

Insgesamt habe ich 9 Jahre in der Pflege gearbeitet. Ich war in einer Privatklinik auf der Dialyse tätig und konnte dort die letzten 4 Jahre die Stationsleitung übernehmen. Dort leitete ich ein 13-köpfiges Team. Daneben habe ich während 4.5 Jahren als Rettungssanitäter beim Rettungsdienst gearbeitet.
 

Wieso bist Du in die Schweiz gegangen?
Ich wollte schon seit langem wissen, was für einen Stellenwert mein Beruf im Ausland hat und wie es ist, diesen in einem anderen Land auszuüben. Also habe ich begonnen, mich umzuschauen und wollte anfangs nach London arbeiten gehen. Dies war auch bereits geplant und vereinbart, jedoch konnte ich dann aus familiären Gründen nicht wegziehen und bin zunächst doch in Italien geblieben. Später kam dann der Wunsch auf, in die Schweiz zu gehen und dort in der Pflege zu arbeiten. Ich habe begonnen, mich nach Pflege-Stellen in der Schweiz umzusehen, was wegen der Zugangsmöglichkeiten und der Sprachbarriere nicht ganz einfach war. Schlussendlich bin ich auf das Projekt «Svizzera, arrivo!» gestossen und habe mich dort beworben. Die Agentur lud mich danach zu einem Casting in Rom ein. Dort konnte ich einen positiven Eindruck hinterlassen und wurde ins Projekt aufgenommen.

«Der Start in der Schweiz war nicht so einfach.»

Wie kam es dazu, dass du am KSA Aarau begonnen hast zu arbeiten?
Nachdem ich ins Projekt aufgenommen wurde und Deutsch gelernt hatte, erhielt ich die Möglichkeit, mich zu bewerben. Die Bewerbungen wurden von der Agentur verschickt. Anschliessend bekam ich die Möglichkeit, in verschiedenen Spitälern einige Schnuppertage zu absolvieren, unter anderem auch im Kantonsspital Aarau. Am Ende habe ich mich dann fürs KSA Aarau entschieden, weil mir die Abteilung, in der ich jetzt arbeite, sehr gefallen hat und zudem, weil eine Tante von mir mit ihrer Familie in der Nähe wohnt und dies zu Beginn eine grosse Hilfe war. Mein Wunsch war es, im Bereich Medizin oder Perioperative Medizin zu arbeiten und nun bin ich hier am KSA in der medizinischen IMC tätig.
 

Wie war Dein Start am KSA?
Der Start in der Schweiz war nicht so einfach. Wenn man in einem neuen Land ankommt, muss man die neue Kultur und Sitten verstehen und sich darauf einlassen können. Ausserdem hatte ich anfangs natürlich auch sprachliche Schwierigkeiten. Ich muss aber sagen, dass ich am KSA viel Glück hatte, weil ich in ein sehr offenes Team gekommen bin. Alle im Team waren sehr hilfsbereit und unterstützend, was mir vor allem in der Anfangsphase und bei der Integration geholfen hat. 
 

Als Stv. Stationsleiter hast du eine Schlüsselfunktion inne: Wie bist du zu Deiner jetzigen Position gekommen?
Nachdem ich etwa ein Jahr als diplomierter Pflegefachmann auf meiner Station gearbeitet habe, wurde die Position der stellvertretenden Stationsleitung frei. Die Stationsleiterin hat die Stelle intern ausgeschrieben und ich habe mich sofort darauf beworben. Meine Vorgesetzten haben sich dann für mich entschieden, unter anderem, weil ich durch mein Bachelorstudium gut qualifiziert war und weil ich bereits Erfahrung als Stationsleiter hatte. Nun bin ich seit November 2020 Stv. Stationsleiter in der medizinischen IMC (MIC Station 163).
 

Dein Deutsch ist sehr gut. Wie hast Du so schnell Deutsch gelernt bzw. hattest Du bereits Vorkenntnisse?
Ich konnte vorher kein Deutsch. Deutsch ist eine schwierige Sprache, vor allem, wenn man wie ich als Italiener eine lateinische Sprache spricht. Um am Projekt «Svizzera, arrivo!» teilnehmen zu können, muss man das Sprachniveau B2 erreichen. Also habe ich noch in Italien während 6 – 7 Monaten einen Online-Deutschkurs besucht, welcher in Zusammenarbeit mit der Agentur angeboten wurde. Neben meiner 100%-Stelle als Stationsleiter widmete ich meine Freizeit dem Deutschlernen. Ich hatte zwei Mal in der Woche Unterricht, aber ich war sehr motiviert, es schnell und gut zu lernen und habe deshalb täglich, teilweise 4 – 5 Stunden, Deutsch gelernt. Später, als ich dann bereits in der Schweiz war, habe ich privat noch etwa 6 – 8 Monate lang Deutschunterricht genommen und zudem den Rosetta-Stone-Sprachkurs besucht, der vom KSA angeboten wird.

«Ich würde jeder Person, die sich für diesen Weg entscheidet, raten, hartnäckig zu sein und das Ziel nicht aufzugeben.»

Was waren die Herausforderungen bzw. Schwierigkeiten?
Deutsch lernen war definitiv eine Herausforderung. Ausserdem war das Ankommen in der Schweiz am Anfang nicht ganz einfach. Auch das Wetter war gewöhnungsbedürftig, wenn man sich mediterranes Wetter gewohnt ist (lacht). Aber trotzdem muss ich sagen: Auch wenn man sich an Kultur und Wetter gewöhnen muss, hat man hier eine Lebensqualität, die man so in Italien nicht hat. Ich hatte in Italien ein fixes, sicheres Arbeitsverhältnis und einen eigentlich guten Job als Stationsleiter, den ich auch hätte behalten können. Trotzdem war ich nicht glücklich und habe mich entschieden zu gehen, weil ich etwas Besseres wollte.

Jetzt nach 3.5 Jahren in der Schweiz, fühle ich mich wohl und sehr gut integriert. Ich möchte auch weiterhin hierbleiben und noch Weiterbildungen in Richtung Gesundheitsmanagement machen. Das nächste Ziel ist schon in Sicht.
 

Was würdest Du anderen raten, die Deinen Weg gehen wollen?
Ich würde jeder Person, die sich für diesen Weg entscheidet, raten, hartnäckig zu sein und das Ziel nicht aufzugeben. Am Anfang mag es ein sehr schwer zu erreichendes Ziel sein, aber wenn man motiviert bleibt, kann man es erreichen und viel Freude daran haben.
 

Wo siehst Du die Unterschiede zwischen dem italienischen und dem Schweizer Gesundheitssystem?
Das italienische und schweizerische Gesundheitssystem unterscheiden sich grundlegend. Im italienischen Gesundheitssystem ist die medizinische Grundversorgung für Bürgerinnen und Bürger kostenlos. Aber die Wartezeiten sind oftmals sehr lang, sodass auch diejenigen, die dringlich behandelt werden müssten, lange warten müssen und allenfalls gegen hohe Gebühren schneller behandelt werden. Aus diesem Grund sind auch die Arbeitsbelastung und der Stress in der Pflege höher als hier. Ansonsten sind die Arbeitsbedingungen vergleichbar mit denen der Schweiz. Die praktische Arbeit ist dieselbe. Das hilft vor allem am Anfang, da die Qualifikation die Nachteile durch die Sprache sozusagen kompensiert. Man ist bei der Arbeit nicht auf Hilfe angewiesen, weil man über notwendige Qualifikation verfügt. Dies vereinfacht den Start enorm, weil man zwar das Land und die Sprache nicht kennt, aber man seine Arbeit genau wie zu Hause gelernt verrichten kann.
 

Gibt es Unterschiede in den Pflegeausbildungen in Italien und der Schweiz? Wenn ja, welche?
Ja. Der Unterschied besteht vor allem darin, dass man in Italien einen dreijährigen Bachelorabschluss braucht, um dipl. Pflegefachfrau oder -mann zu werden. Für die Arbeit als Pflegehilfe braucht es keinen Bachelor.

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