Bauchspeicheldrüsenkrebs
18. August 2021In der verborgenen Welt unterhalb unseres Zwerchfells spielt die Bauchspeicheldrüse eine lebenswichtige Rolle, sowohl in der Verdauung als auch in der Blutzuckerregulation. Trotz ihrer entscheidenden Funktionen bleibt Bauchspeicheldrüsenkrebs, der jährlich 1400 Menschen in der Schweiz betrifft, ein Rätsel mit unklaren Ursachen und oft späten Diagnosen. Prof. Dr. med. Mark Hartel eröffnet jedoch einen Hoffnungsschimmer durch fortschrittliche medizinische Behandlungen, die selbst bei schweren Fällen eine Verbesserung der Lebensqualität versprechen.
- Autor / Autorin Prof. Dr. med. Mark Hartel
- Lesedauer ca. 5 Minuten
- Themen Krebs / Onkologie
Versteckt hinter dem Magen, gleich unterhalb des Zwerchfells, liegt die Bauchspeicheldrüse (Pankreas). Obwohl sie kaum 100 Gramm wiegt, erfüllt sie zwei lebenswichtige Funktionen. Einerseits produziert die Bauchspeicheldrüse Verdauungssäfte, die für die Aufschlüsselung und Zerkleinerung der Nahrung wichtig sind. Andererseits bildet sie Hormone, die den Blutzuckerspiegel regulieren.
Ursachen für Bauchspeicheldrüsenkrebs noch unklar
Jedes Jahr erkranken in der Schweiz rund 1400 Personen an Bauchspeicheldrüsenkrebs. Rund die Hälfte davon sind Frauen, sechs von zehn Betroffenen sind 70 Jahre alt oder älter. Weshalb Menschen an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkranken und welche spezifischen Risikofaktoren eine Erkrankung begünstigen, ist bisher nicht abschliessend geklärt.
Und es gibt noch eine zweite Herausforderung im Zusammenhang mit der frühzeitigen Diagnose von Bauchspeicheldrüsenkrebs: Obschon die Art und die Lage des Tumors wesentlich für die Art der Symptome verantwortlich sind, spüren die meisten Erkrankten relativ lange überhaupt nichts. Wenn dann Symptome auftreten, drückt die Krebsgeschwulst oft bereits auf den Magen oder den Darm, im schlimmsten Fall haben sich zudem Ableger (Metastasen) gebildet.
Dann können Oberbauch- und Rückenschmerzen, Gewichts- und Appetitverlust, aber auch Gelbsucht, Übelkeit und Erbrechen die Betroffenen quälen. Zudem ist es möglich, dass eine Diabetes Typ II entsteht. «Es kann deshalb bei Menschen ab 40 sinnvoll sein, bei einer neuentwickelten Diabeteserkrankung auch die Bauchspeicheldrüse anzuschauen», rät Prof. Dr. med. Mark Hartel, leitender Arzt Viszeralchirurgie am Kantonsspital Aarau.
Operation bietet Erkrankten Hoffnung
Chefarzt Prof. Dr. med. Mark Hartel ist ehrlich: «Bauchspeicheldrüsenkrebs ist eine sehr ernste Diagnose. Die Aussichten sind leider – man kann es nicht beschönigen – nicht rosig.» Dank neuer medizinischer Möglichkeiten lässt sich die Krankheit jedoch in vielen Fällen behandeln und somit wertvolle Zeit und Lebensqualität gewinnen. Natürlich hängt das Operationsergebnis vom biologischen Alter des Patienten ab, sodass die Pankreasoperationen auch noch in hohem Alter durchgeführt werden können. Entscheidend sind die Fitness und der Lebenswille des Patienten.
Beschränkt sich der Tumor ausschliesslich auf die Bauchspeicheldrüse, lässt sich diese in einer Operation teilweise oder ganz entfernen. «Man kann ohne Bauchspeicheldrüse leben,und das sogar ohne wesentliche Einschränkungen der Lebensqualität»,versichert Experte Mark Hartel. Muss aufgrund der Grösse und der Lokalisation des Tumors die gesamte Bauchspeicheldrüse entfernt werden, sind Patienten anschliessend auf regelmässige Insulinspritzen sowie die Einnahme von Verdauungsenzymen in Pillenform angewiesen. Wer nur einen Teil der Bauchspeicheldrüse entfernen muss, kommt im besten Fall langfristig sogar gänzlich ohne Medikamente aus.
Je nach Tumorstadium lohnt es sich, auch nach einer kompletten Entfernung der Bauchspeicheldrüse eine Chemotherapie durchzuführen. Auch hier hat die Medizin grosse Fortschritte gemacht. So wurde eine Standard-Chemotherapie, die bei zahlreichen anderen Tumorarten bereits jahrelang angewendet wird, für die Behandlung von Bauchspeicheldrüsenkrebs optimiert. «Es ist eine aggressive Chemotherapie, dadurch aber auch sehr wirksam. Studien haben gezeigt, dass die Lebenserwartung dadurch massiv verbessert werden kann», erklärt Prof. Dr. med. Mark Hartel.
Chancen sogar nach Metastasenbildung
Schwieriger wird es dann, wenn sich bereits Metastasen gebildet haben. Für Patienten mit nur ein bis zwei Metastasen gibt es allerdings Hoffnung. Eine vorbehandelnde Chemotherapie kann die Metastasen verkleinern oder ganz eliminieren. «Wenn das gelingt, können wir dem Patienten anschliessend ebenfalls einen Teil oder die gesamte Bauchspeicheldrüse entfernen», sagt Mark Hartel.
Gut aufgehoben im Pankreaszentrum des KSA
Das Pankreaszentrum ist Teil des Onkologiezentrums Mittelland am Kantonsspital Aarau und sowohl gemäss ISO-Normen als auch den Vorgaben der Deutschen Krebsgesellschaft zertifiziert. Bei sämtlichen Diagnosen und Therapien arbeitet ein interdisziplinäres Tumorboard, bestehend aus hochqualifizierten Chirurgen, Gastroenterologen, Onkologen, Pathologen, Radiologen, Radio-Onkologen und Nuklearmedizin, eng zusammen. Unter Berücksichtigung des Gesamtzustands eines Patienten kann das Expertenteam dann den bestmöglichen Behandlungsplan entwickeln.