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Knieerhalt statt Knieprothese

11. Oktober 2024

Wer unter starken Kniebeschwerden leidet, hofft auf medizinische Hilfe. Die Orthopädinnen und Orthopäden am KSA setzen wenn immer möglich darauf, ein Gelenk zu erhalten, statt es durch eine Prothese zu ersetzen.

  • Autor / Autorin Dr. med. Mathis Vogel
  • Lesedauer ca. 4 Minuten
  • Themen Bewegung
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Anna M. kommt mit Schmerzen im Knie in die Sprechstunde der Klinik für Orthopädie und Traumatologie am KSA. In ihrer Jugend hatte sie einen Sportunfall gehabt; nach einer Gelenkspiegelung (Arthroskopie) und einer Meniskustherapie schien das Knie zunächst geheilt. Jetzt, rund 30 Jahre später, sind die Schmerzen bei der heute 50-Jährigen zurück. Die Diagnose: eine beginnende Arthrose im Knie bei einem anlagebedingten O-Bein.

Wie kommt es überhaupt zu Knieschmerzen? Betroffene erleiden Kniegelenkschmerzen bei bestimmten Bewegungen oder Belastungen. Typischerweise sind bei jüngeren Menschen Sportverletzungen, Überlastungen oder anlagebedingte Probleme mit der Kniescheibe die Ursachen. Bei Patientinnen und Patienten im Alter von 50 plus sind es oft Verschleisserkrankungen. Im fortgeschrittenen Stadium können die Schmerzen auch im Ruhezustand oder nachts auftreten. Auch Anna M. plagen die Schmerzen, selbst wenn ihr Knie nicht in Bewegung ist.

Ursachen auf den Grund gehen

«In der Sprechstunde analysieren wir zunächst die Ursachen der Beschwerden oder die vorliegende Erkrankung», sagt Dr. med. Mathis Vogel über seine Vorgehensweise. Er ist Oberarzt Orthopädie und Leiter Team Knie am KSA. Am Anfang steht immer das Gespräch, anschliessend folgen die klinische Untersuchung und die Bildgebung. Danach wird über die Behandlung entschieden.

«Unser Behandlungsmotto lautet immer: zuerst konservativ, ohne invasive Eingriffe, und Gelenke erhalten statt ersetzen», sagt Mathis Vogel. So auch bei Anna M. Zuerst behandelte man die Patientin mit Physiotherapie und Medikamenten zur Schmerzlinderung – zwei wichtige Bausteine der konservativen Therapie. Beim degenerativen Gelenkverschleiss dauert die konservative Behandlung in der Regel rund drei bis sechs Monate. «So können wir den natürlichen Verlauf der Erkrankung kennenlernen», führt der Arzt aus.

 

Orthopäde und Kniespezialist – Dr. med. Mathis Vogel in der Sprechstunde
Orthopäde und Kniespezialist – Dr. med. Mathis Vogel in der Sprechstunde

Innovationen aus dem 3D-Drucker

Da die Beschwerden bei Anna M. anhielten, empfahl Mathis Vogel als gelenkerhaltende Massnahme schliesslich eine sogenannte Umstellungsosteotomie (Beinachsenkorrektur). Dabei handelt es sich um einen chirurgischen Eingriff, der bei Personen mit O-Beinen durchgeführt wird, um die Gelenkbelastung auszugleichen und das Fortschreiten der Arthrose zu verlangsamen.

Beim O-Bein entsteht Druck auf der Innenseite des Knies. Durch die Umstellungsosteotomie wird der Knorpel darunter geschont und der überlastete Teil entlastet. Der Eingriff hat den grossen Vorteil, dass der natürliche Bewegungsablauf im Gelenk erhalten bleibt. Da dem Körper kein Fremdmaterial zugeführt wird, bleiben Probleme aus, die mit einer Prothese auftreten können. «Wir beseitigen die knöcherne Veranlagung zur Arthrose, indem wir den Druck auf mehr Fläche verteilen», erklärt Mathis Vogel.

Zuerst machen die Fachleute eine Computertomografie für eine genaue Planung des Eingriffs. Daraus erzeugt ein 3D-Drucker eine sogenannte Sägelehre, mit deren Hilfe die Chirurginnen und Chirurgen die Schnitte und Bohrungen für die Umstellung der Knochen setzen. Das ist deutlich präziser als die frühere Methode von Hand.

Zehn bis 15 Jahre mehr mit dem eigenen Gelenk

Nach der OP blieb die Patientin vier Tage im KSA. Danach durfte sie das Bein sechs Wochen lang nur mit halbem Gewicht belasten, gleichzeitig ging sie in die Physiotherapie. Nach sechs Wochen konnte sie die Gehstöcke ablegen und nach etwa acht Wochen hatte sie wieder ein flüssiges Gangbild. Zwar heilt die Umstellungsosteotomie eine Arthrose nicht, beseitigt jedoch einen grossen Risikofaktor und verzögert ihren weiteren Verlauf. Sie verschafft wertvolle Zeit, in der das eigene Gelenk erhalten bleibt.

Zum Vergleich: Mit einer Prothese können Betroffene ihr Knie gleich wieder belasten, aber die Prothese muss einwachsen, die Muskeln müssen trainiert werden, und die Weichteile müssen sich beruhigen. Das dauert etwa drei Monate. Plus: Bei Prothesen kann es zu Folgeoperationen kommen; zum Beispiel, wenn man die Kunststoffscheibe austauschen muss. Mit einer Umstellungsosteotomie haben Betroffene auch den Vorteil, dass sie das Einsetzen einer Prothese hinauszögern können.

Tipps für Ihre Kniegesundheit

Anlage und genetische Faktoren können Sie nicht beeinflussen, anderes aber schon:

  • Training: Trainieren Sie regelmässig und gezielt Ihre Beinmuskulatur. Dies unterstützt und entlastet die Knie.
  • Bewegen: Wählen Sie gelenkschonende Sportarten wie Schwimmen oder Velofahren, insbesondere, wenn Sie bereits Beschwerden haben.
  • Entlasten: Vermeiden Sie das Tragen von schweren Lasten oder tun Sie es knieschonend – beispielsweise in einem Rucksack.

Gelenke lenken Leben

Wir alle wünschen uns einen Körper ohne Bewegungseinschränkungen. Am liebsten bis ins hohe Alter. In der Schweiz leiden rund zwei Millionen Menschen an Beschwerden des Bewegungsapparates oder an den Folgen eines Unfalls.

Am Kantonsspital Aarau und am Spital Zofingen werden Betroffene rund um die Uhr von einem interdisziplinären Team behandelt. Ob Gelenkersatz, Betreuung von Sportlerinnen und Sportlern oder die Versorgung von Schwerverletzten: Wir setzen alles daran, dass unsere Patientinnen und Patienten wieder aufstehen, gehen und sich bewegen können.

Auf der Themenseite ortho.ksa.ch erklären wir, warum nicht jedes Gelenk bei Beschwerden ersetzt werden muss, und geben Tipps, was man tun kann, um langfristig in Bewegung zu bleiben. Zudem zeigen wir auf, welche Sofortmassnahmen nach Sportverletzungen wichtig sind, wie die Versorgung von Schwerverletzten im Spital abläuft, und vieles mehr.

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