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Hüftschmerz lass nach

11. Oktober 2024

Hüftschmerzen machen den Alltag zur Qual, doch nicht immer ist ein Gelenkersatz die einzige Lösung. Prof. Dr. med. Lorenz Büchler vom Kantonsspital Aarau erklärt, welche alternativen Therapien vor allem für jüngere Patientinnen und Patienten in Frage kommen.

  • Autor / Autorin Prof. Dr. med. Lorenz Büchler
  • Lesedauer ca. 4 Minuten
  • Themen Bewegung
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Die Leiste tut weh, das Aufsteigen aufs Fahrrad geht nicht mehr und selbst Laufen klappt nur unter Schmerzen? All das können typische Symptome einer Hüftarthrose sein. Zwar können Schmerzmittel die Entzündung verringern, aber wenn die Schmerzen anhalten, steht die Frage nach einem neuen Hüftgelenk im Raum. Doch ist ein Hüftgelenkersatz der einzige Weg zu einem schmerzfreien Leben?

Alternative Therapien für die Hüfte

«Nein», sagt Lorenz Büchler, Leiter der Hüft- und Beckenchirurgie der Klinik für Orthopädie und Traumatologie am Kantonsspital Aarau, entschieden. «Vor allem bei jüngeren Patientinnen und Patienten steht der Gelenkerhalt im Vordergrund», sagt Büchler. Dafür gebe es eine Vielzahl an Therapiemöglichkeiten.

Ein anschauliches Beispiel: Ein junger Eishockeyspieler leidet an einer eingeschränkten Beweglichkeit der Hüfte und hat starke Leistenschmerzen beim Sport, die auf eine Fehlform der Hüfte zurückzuführen sind. In einem solchen Fall kann eine Hüftarthroskopie Abhilfe schaffen. Bei diesem minimalinvasiven Eingriff wird die Fehlform korrigiert. Die Erfolgsaussichten der Hüftarthroskopie sind vielversprechend. «Langzeitstudien zeigen, dass 70 Prozent der Patientinnen und Patienten danach völlig schmerzfrei sind, ohne Einschränkungen im Beruf oder beim Sport, und dass etwa 90 Prozent der Betroffenen eine Verbesserung verspüren», erklärt Büchler.

Wann ein Gelenkersatz nötig ist

Es gibt jedoch auch Situationen, in denen eine Hüftgelenkersatzoperation unausweichlich ist. «Ein Hüftgelenkersatz wird in der Regel dann notwendig, wenn die konservativen Massnahmen keine ausreichende Linderung bringen und die Lebensqualität stark eingeschränkt ist», erläutert Büchler. Insbesondere bei älteren Personen ist die Gelenkabnutzung oft so gross, dass man ohne den Hüftgelenkersatz kein zufriedenstellendes Ergebnis erzielt.

Wichtig ist es jedoch, zuerst sicherzustellen, dass die Beschwerden keine anderen Ursachen haben. So kommt es immer wieder vor, dass Patientinnen und Patienten mit vermeintlichen Hüftschmerzen in die Sprechstunde von Lorenz Büchler kommen, sich nach einer genaueren Untersuchung aber herausstellt, dass es sich um ausstrahlende Schmerzen von Beschwerden im Rücken oder in der Leiste handelt. «Eine genaue klinische Untersuchung und ein einfaches Röntgenbild helfen in der Regel, das Problem schnell zu identifizieren », sagt Büchler.

Trotz der Häufigkeit dieser Eingriffe – in der Schweiz allein werden knapp 20 000 künstliche Hüftgelenke pro Jahr eingesetzt – will der Eingriff gut überlegt sein. Wichtig ist es deshalb, sich von der Ärztin oder dem Arzt des Vertrauens gut beraten zu lassen und im Zweifelsfall eine Zweitmeinung einzuholen.

Nachgefragt:

Herr Büchler, wie lange ist die durchschnittliche Genesungszeit nach einer Hüftprothesenoperation und welche Kriterien sind für eine rasche Genesung wichtig?

Die Patientinnen und Patienten bleiben nach der Operation durchschnittlich zwei Nächte im Spital. Die betroffene Seite darf unter Verwendung von Unterarmstöcken meistens sofort voll belastet werden. Einschränkungen gibt es, ausser dem Vermeiden von extremen Bewegungen, keine. Nach Spitalaustritt soll der Patient bzw. die Patientin das Bein nach eigenem Ermessen zunehmend mehr belasten und die Stöcke zuerst zu Hause und später auch für längere Strecken ausser Hause weglassen. Die erste Kontrolluntersuchung in unserer Hüft-Sprechstunde erfolgt üblicherweise 6 Wochen nach der Operation. Zu diesem Zeitpunkt berichten die meisten Betroffenen, dass sie seit 2-3 Wochen ohne Stöcke gehen können. 

Kann man eine Hüftarthrose heilen?

Leider nein. Die Zellen des Gelenkknorpels eines gesunden Gelenks regenerieren sich dauern und sind im Normalfall ausgezeichnet in der Lage, kleinere Schäden zu heilen und ein ganzes Leben, trotz grosser Belastungen, gut zu funktionieren. Kommt es jedoch aus verschiedenen, zum Teil noch nicht endgültig geklärten Gründen zu einer Arthrose des Gelenkes, funktioniert diese Selbstheilung nicht mehr und es kommt zu einer zunehmenden Abnutzung und Ausdünnung des Knorpelüberzuges sowie zu anderen knöchernen Veränderungen des Gelenkes. Wie schnell eine Arthrose fortschreitet und wie stark die Beschwerden sind, lässt sich nicht vorhersagen und ist von Person zu Person äusserst unterschiedlich. Leider gibt es heutzutage noch keine Medikamente oder Therapien, welche eine Arthrose heilen oder das Fortschreiten der Abnutzung verlangsamen können. Dies gilt für sämtliche Gelenke des Körpers, nicht nur für die Hüfte.

Welche Möglichkeiten gibt es, Arthrosebeschwerden gelenkerhaltend zu behandeln?

Bei vielen Betroffenen, die wegen Schmerzen oder Funktionseinschränkungen durch eine Hüftarthrose zu uns kommen, gibt es sehr gute Möglichkeiten, diese Beschwerden zu lindern, ohne gleich eine Prothesenoperation durchzuführen. Der erste wichtige Schritt ist die gute Beratung über das Krankheitsbild. Wir nehmen uns viel Zeit, um den Patientinnen und Patienten genau zu erklären, woran sie leiden und ihnen zu versichern, dass eine Hüftarthrose keine gefährliche Erkrankung ist. Wenn die Lebensqualität noch nicht zu stark eingeschränkt ist, empfehlen wir vor der Operation stets konservative Massnahmen, wie das Vermeiden von schmerzauslösenden Tätigkeiten. EinTipp ist beispielsweise bei Bergwanderungen eher bergauf zu gehen und bergab die Bahn zu nehmen. Sinnvoll ist es auch, sportliche Tätigkeiten so anzupassen, dass die Hüfte die Belastung besser tolerieren kann (z.B. Radfahren statt Joggen). Auch die gelegentliche Einnahme von entzündungshemmenden Schmerzmitteln (oder alternative Therapien gegen Schmerzen) helfen im Anfangsstadium oft sehr gut.

Gelenke lenken Leben

Wir alle wünschen uns einen Körper ohne Bewegungseinschränkungen. Am liebsten bis ins hohe Alter. In der Schweiz leiden rund zwei Millionen Menschen an Beschwerden des Bewegungsapparates oder an den Folgen eines Unfalls.

Am Kantonsspital Aarau und am Spital Zofingen werden Betroffene rund um die Uhr von einem interdisziplinären Team behandelt. Ob Gelenkersatz, Betreuung von Sportlerinnen und Sportlern oder die Versorgung von Schwerverletzten: Wir setzen alles daran, dass unsere Patientinnen und Patienten wieder aufstehen, gehen und sich bewegen können.

Auf der Themenseite ortho.ksa.ch erklären wir, warum nicht jedes Gelenk bei Beschwerden ersetzt werden muss, und geben Tipps, was man tun kann, um langfristig in Bewegung zu bleiben. Zudem zeigen wir auf, welche Sofortmassnahmen nach Sportverletzungen wichtig sind, wie die Versorgung von Schwerverletzten im Spital abläuft, und vieles mehr.

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