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Demenz hat viele Gesichter

3. Mai 2024

Wenn Menschen vergesslich werden, unsicher gehen oder sich ihr Wesen verändert, kann der Verdacht auf eine Demenz-Erkrankung im Raum stehen. Das KSA führt mit der Memory Clinic ein Kompetenzzentrum für Abklärungen und begleitet Betroffene. 

  • Autor / Autorin Dr. med. Tobias Piroth
  • Lesedauer ca. 5 Minuten
  • Themen Neuro+
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Laut dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) leben in der Schweiz gegen 153'000 Menschen mit Demenz. Rund 32'900 Neuerkrankungen kommen jährlich hinzu. «Aber das Demenzrisiko sinkt», weiss Dr. med. Tobias Piroth, Oberarzt mbF Neurologie am KSA. Demenz, neu sagt man auch schwere (majore) neurokognitive Störung, ist eine Störung bestimmter geistiger Vorgänge und Leistungsfähigkeiten. Die Symptome entwickeln sich meist über einen längeren Zeitraum. Erkrankungen, die zu einer Demenz führen, sind unter anderem Alzheimer, Parkinson oder Folgen von Durchblutungsstörungen des Gehirns. Vor allem bei jüngeren Menschen treten auch andere Krankheiten wie die frontotemporale Demenz (FTD) auf.

Vergessen, zittern, anders werden  

Wie sich eine Demenz äussert, hängt von der Krankheit ab, die dazu führt. Bei Alzheimer ist es eine Störung der Gedächtnisfunktion. Demenzkranke vergessen Gesagtes innert weniger Minuten, doch ihr Langzeitgedächtnis bleibt lange intakt. «Auch Psychosen, Wahnvorstellungen und Depressionen gehören zum vielfältigen Krankheitsbild», so Tobias Piroth. Die Krux: Betroffene merken selbst nicht, dass sie Defizite haben. Bei Parkinson stehen Bewegungsstörungen im Vordergrund. Betroffene zittern oder sind unsicher beim Gehen. Visuelle Halluzinationen, Gedächtnis- oder Konzentrationsprobleme kommen meist erst später dazu. Wieder anders zeigt sich eine FTD (frontotemporale Demenz). Bei Betroffenen verändert sich die Persönlichkeit auf eine Art und Weise, die nicht zu ihrem Naturell passt. Oft vermutet man dabei zunächst eine psychiatrische Ursache, doch tatsächlich sterben Nervenzellen ab.  

Wann ist eine Abklärung empfohlen? 

Stellen Sie bei sich oder Nahestehenden Veränderungen in den folgenden Bereichen fest, ist eine Abklärung an der Memory Clinic empfohlen:

  • Persönlichkeit und Verhalten 
  • geistige Fähigkeiten wie Gedächtnis oder Sprache 
  • Ess- und/oder Schlafgewohnheiten
  • Gangbild, Bewegung, Sturzneigung
  • Selbstständigkeit im Alltag z. B. Einkauf, Kochen oder Körperpflege 

Memory Clinic – Kompetenz für Demenz  

An der Memory Clinic am KSA steht Betroffenen ein spezialisiertes Team zur Seite. Neurologinnen und Neurologen untersuchen u. a. Funktionen des Gleichgewichts und der Bewegungssteuerung. Neuropsychologinnen und -psychologen testen Demenzkranke auf Gedächtnisstörungen. Topmodern ausgestattet ist die Neuroradiologie.

Viele Menschen haben Angst, nach einer Abklärung nicht mehr ernst genommen und entmündigt zu werden.

Mit einer speziellen Software werten die Fachleute Bilder des Gehirns aus und suchen nach Anzeichen für bestimmte Demenzerkrankungen. Bei Alzheimer schrumpft der Hippocampus, eine wichtige Region zum Speichern neuer Gedächtnisinhalte. Die Software erkennt den Hippocampus und berechnet sein Volumen dreidimensional. «An der Memory Clinic bieten wir bildgebende Diagnostik auf sehr hohem Niveau», erklärt Tobias Piroth.

Auch die Nuklearmedizin ist im Haus. Diese medizinische Disziplin ermöglicht es, bestimmte Veränderungen für spezifische Demenzen durch den Einsatz eines schwach radioaktiven Mittels sichtbar zu machen. Im Rahmen einer Abklärung erfolgt eine allgemeine medizinische Untersuchung mit neurologischem Schwerpunkt. Danach folgt eine umfangreiche neuropsychologische Untersuchung. Hierbei fühlen die Fachleute unter anderem dem Gedächtnis, dem räumlichen Vorstellungsvermögen oder der Aufmerksamkeit Betroffener auf den Zahn. Benötigen diese entsprechende Hilfe, stellt das Team den Kontakt zum Beispiel zu den Psychiatrischen Diensten Aargau her.

«Viele Menschen haben Angst, nach einer Abklärung nicht mehr ernst genommen und entmündigt zu werden», sagt Piroth. Dennoch rät er, sich abklären zu lassen. Risikofaktoren, die zu einem aggressiven Verlauf der Demenz- Erkrankung führen, etwa Diabetes, Bluthochdruck, Vorhofflimmern oder Schlafapnoe, sind behandelbar. Ausserdem ist es wichtig, dass Patientinnen und Patienten in die Behandlung involviert werden und solange es geht, selbst entscheiden können. International wird intensiv an Früherkennungsprogrammen geforscht. Davon würden Betroffene mit milden kognitiven Störungen profitieren.

Nicht nur Kopfsache

Auf unserer Themenseite neuro.ksa.ch gewähren wir einen Einblick in die Welt der Neuromedizin am KSA:

  • Wir zeigen am Modell auf, wie eine Hirntumor-OP abläuft.
  • Wir berichten über die neusten Erkenntnisse in der Behandlung von Schlaganfällen und erklären, was bei Verdacht auf einen Hirnschlag zu tun ist.
  • Noch vergesslich oder schon dement? Wann sollte man sich oder seine Angehörigen professionell untersuchen lassen?

Das und vieles mehr erfahren Sie auf unserer Themenseite zum Schwerpunkt Neuroerkrankungen.

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